Neulich bekamen die Menschen, die in der Burg an der Elbe wohnen, wieder mal Besuch von fremden Leuten. Wie immer hatten diese Leute viele Fragen: Wie haltet ihr es mit dem Geld, wer macht hier sauber, und was ist, wenn einer mehr Wein trinkt als der andere? Die Elbbürger gaben geduldig Antwort, vor allem auf die Sache mit dem Wein: Ja, sie würden ihn gemeinsam kaufen, und nein, schlechte Erfahrungen hätten sie damit nicht gemacht.
Dass das die Menschen besonders verblüfft, wissen die Elbbürger. Sie hatten ja schon viele Besucher in ihrem Haus in Wedel. Als im vergangenen Frühjahr ein Grundstück im Hamburger Baakenhafen, Teil der HafenCity, ausgeschrieben wurde, bildeten sich gleich etliche Baugruppen. Sie hatten Namen wie "Einklang", "Gemeinsam älter werden" und "Alle für einen und einer für alle! In ihren Projektbeschreibungen war von "freiheitlich-individuellem Leben in den eigenen Wohneinheiten" die Rede, aber alle zählten auch auf, was sie gemeinsam nutzen wollen: Dachterrassen, Werkstätten, Gärten, Spielräume.
Als die acht Elbbürger vor 37 Jahren in das Haus aus Backstein zogen, das mit seinen Giebeln und Rundbögen alles hat, was eine Burg so braucht, hatten sie kein Konzept und keinen klangvollen Namen. Sie waren einfach eine Gruppe befreundeter Singles und Paare, die sich aus Schule und Studium kannten, unter ihnen einige Lehrer, ein Architekt, ein Jurist.
Und doch hat ihre Wohngemeinschaft länger gehalten als die meisten anderen in Deutschland. Ein Sonntagabend, die Wahlverwandten sitzen im Erdgeschoss beisammen.
Da wäre zum Beispiel die Sache mit dem Essen heute Abend. Wie immer sollte es eine gemeinsame Mahlzeit geben, wie so oft gab es mehr Kochinteressenten als Platz am Herd. Also durfte der eine die Hauptspeise, der andere das Dessert machen.
